Der KI-Anwendungsfall in 5GLa
Ein Blick hinter die Kulissen: Wie Sensoren, Drohnen und Künstliche Intelligenz die Bewässerung in der Landwirtschaft effizienter machen können.
Einleitung: Warum KI in der Landwirtschaft?
Künstliche Intelligenz (KI) in der Landwirtschaft klingt erstmal nach Zukunftsmusik. Tatsächlich sind digitale Lösungen aber längst dabei, unseren Ackerbau zu verändern. Das Ziel: bessere Erträge, nachhaltigere Bodennutzung und schonender Umgang mit Ressourcen – insbesondere Wasser. Genau diese Themen standen im Mittelpunkt des Projekts „5G in der Landwirtschaft“.
Im Fokus dabei: das Teilprojekt „KI-Anwendungsfall in 5GLa“. Dahinter steckt das konkrete Vorhaben, den Zusammenhang zwischen Bodenfeuchte und dem multispektralen Erscheinungsbild von Pflanzen mittels KI zu erforschen. Mit diesem Wissen wollte das Projektteam vorhersagen, wo im Feld Wassermangel droht – und zwar so früh, dass rechtzeitig und bedarfsgerecht gewässert werden kann.
Die Idee: Von Sensorpunkten zum ganzen Feld
Bislang ist eine Herausforderung in der landwirtschaftlichen Praxis, dass man stets nur an wenigen Punkten direkt im Boden misst – etwa über fest installierte FDR- und TDR-Bodensensoren oder mittels Tensiometer. Diese Sensoren messen die Feuchtigkeit in unterschiedlichen Tiefen und liefern präzise, punktuelle Daten. Allerdings zeigen sie nur den Zustand eines kleinen Ausschnitts des Feldes. Ein paar Meter daneben kann es aufgrund heterogener Bodenbeschaffenheit schon ganz anders aussehen.
Im „KI-Anwendungsfall 5GLa“ ging es daher darum, mehr aus diesen Sensordaten herauszuholen: Drohnen mit Multispektralkameras erfassen das Feld von oben und zeigen, wie die Pflanzen auf verschiedenen Teilflächen aussehen. Die Pflanzen selbst werden dabei zu einer Art „Spiegel“ des Bodens. Mit passenden KI-Algorithmen könnte ein Modell trainiert werden, das die punktgenauen Bodenfeuchtewerte auf die gesamte Schlagfläche hochrechnet – also flächenweit ein Bild davon erzeugt, wie gut die Teilflächen des Feldes mit Wasser versorgt sind.
Die Technik dahinter: Drohne trifft KI
Messungen im Boden
* Mehrere Sensoren messen kontinuierlich die Feuchtigkeit in Tiefen bis 85 cm. Die Daten gelangen per API in den zentralen Projektserver.
* Zusätzliche Mikroklimadaten (Temperatur, Luftfeuchte etc.) helfen, äußere Einflüsse wie Hitzeperioden zu berücksichtigen.Drohnenflüge und fest installierte Kamera
* Eine stationäre Fünf-Band-Kamera liefert im 5-Minutentakt Bilder von Pflanzen in der Nähe der Bodensensoren.
* Eine Zehn-Band-Kamera auf der Drohne erfasst den gesamten Pflanzenbestand des Feldes regelmäßig (bis zu zweimal täglich bei gutem Wetter) sowie gezielt vor und nach Regen oder Beregnung.
* Die Aufnahmen umfassen sichtbare und nahinfrarote Wellenlängen, die Hinweise auf den Gesundheitszustand der Pflanzen liefern.Datenverarbeitung und KI
* Die Daten (Bodenfeuchte, Mikroklima, Drohnenbilder) werden über das FIWARE-Framework gesammelt und standardisiert. FIWARE ist eine Open-Source-Plattform für die Verwaltung und Verarbeitung von Sensordaten.
* Die Drohnenbilder werden mit OpenDroneMaps zu multispektralen Orthofotos zusammengesetzt.
* Ein trainiertes Convolutional Neural Network (CNN, ein spezielles KI-Modell) kombiniert die Bodenfeuchtewerte mit den Bildmustern, um eine Karte der Bodenfeuchte für die gesamte Schlagfläche zu erstellen.

Auch in den praktischen Sessions immer dabei: das 5GLa-Entwicklungsteam
Warum ist das wichtig?
Wasser wird immer mehr zum knappen Gut. Gleichzeitig hängen Erträge in vielen Kulturen davon ab, ob die Felder ausreichend Feuchtigkeit haben. Mit präzisen, automatisierten Lösungen lassen sich bewässerungsbedingte Kosten senken und die Umwelt schonen. So kann verhindert werden, dass bestimmte Feldbereiche über- oder unterversorgt werden.
Langfristig profitiert auch die Forschung: Die Erkenntnisse aus dem Projekt sollen zeigen, ob und wie sich Pflanzen mithilfe dieser Sensor-Bild-Kombination „lesen“ lassen. Besonders interessant sind dabei Prozesse wie das Öffnen und Schließen der Stomata – winzige Poren in den Blättern, die Wasser abgeben und Gase austauschen. Die große Frage ist, ob mit multispektralen Bilddaten Wassermangel eindeutig nachgewiesen werden kann, denn Pflanzen – und damit ihr Erscheinungsbild in multispektralen Bildern – reagieren auch stark auf andere Faktoren wie Temperatur, Wind, Sonnenstrahlung, und Luftdruck, uvm.
Grenzen und Herausforderungen
Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend, das Projekt brachte aber auch unvorhergesehene Herausforderungen mit sich. Zum einen ist das Feld ein sehr komplexes System: Schädlinge, Bodenheterogenität oder Witterungseinflüsse sind schwer zu kontrollieren. Zum anderen braucht es für belastbare KI-Modelle ausreichend Trainingsdaten. Trotz 5G war es nicht immer einfach, große Datenmengen (z. B. Drohnenaufnahmen) schnell zu sammeln und zu verarbeiten. Außerdem müssen Drohnenflüge wetterabhängig geplant werden.
Externe Expertinnen und Experten wiesen zudem auf potenzielle „Black-Box“-Probleme hin: Die KI liefert Vorhersagen, aber wie sie zu diesen Ergebnissen kommt, ist nicht nachvollziehbar. Deshalb wurden Methoden der Explainable AI (erklärbare KI) einbezogen, um die Transparenz der Modelle zu erhöhen.
Erste Ergebnisse und Ausblick
Im Projekt „5GLa“ wurde eine Anwendung entwickelt, die Drohnenbilder automatisiert verarbeitet.
Mithilfe des ebenfalls im Projekt entwickelten CNN-Modells können nun bereits Bodenfeuchtewerte aus den Bildern einer stationären Multispektralkamera vorhergesagt werden. Dabei zeigte sich, dass die Kombination aus multispektralen Informationen und Bodensensorik tatsächlich vielversprechend scheint, um frühzeitig auf Wassermangel zu reagieren.
Zukünftig sollen weitere Faktoren wie Mikroklimadaten und gegebenenfalls auch die Bodenbeschaffenheit einbezogen werden. Ein geplanter kontrollierter Versuchsaufbau in einer Halle des INBW (Institut für nachhaltige Bewässerung) in Suderburg wird Störfaktoren besser ausschließen und die Ergebnisse präzisieren.
Fazit: Ein Schritt Richtung Landwirtschaft 4.0
Das Projekt „KI-Anwendungsfall 5GLa“ ist ein wesentlicher Baustein, um unsere Landwirtschaft effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Indem punktgenaue Messungen mit moderner Drohnentechnologie und KI zusammengeführt werden, entsteht ein detailliertes Echtzeitbild vom Feldzustand. Davon profitieren Landwirte, die gezielt und ressourcenschonend bewässern möchten. Daneben liefert das Vorhaben auch für Forschung und Technologieentwicklung wichtige Erkenntnisse zu Datenverarbeitung, Sensorik und landwirtschaftlichen KI-Anwendungen.
Auch wenn das Projekt offiziell abgeschlossen ist, wurden die Grundsteine für verschiedene Folgestudien und praxisnahe Anwendungen gelegt.